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Like a Rolling Stone

Als quicklebendiger Jimi Hendrix des Rennrollstuhlsports zieht Thomas Geierspichler als mächtige Lokomotive unsere Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse von Menschen mit Handicaps und schiebt gleichzeitig deren Motivation an, aus Visionen ein gutes Leben zu formen. Im großen Interview spricht der Salzburger über sein extremes Programm, Schummler im Paralympics-Feld, den Wunsch zu gehen oder auch über die Einsamkeit als wirksamsten Trainingspartner.  

Interview: Fritz Hutter (www.fritzhutter.com)

Diese Story ist zuerst im Running- und Laufsportmagazin „Keep on RunInc“ erschienen und im RunInc-Store am Wiener Salzgries erhältlich. Infos: www.runinc.at

Thomas, wie hat das post-paralympische Wintertraining eines der besten Rennrollstuhlfahrer aller Zeiten ausgeschaut? Mehr Keks und Krapfen oder doch wieder zahllose Trainingskilometer?

Ein paar Kekserl und Krapfen und das eine oder andere Regenerationsseidel gehen sich im Winter natürlich aus. Aber von einer ruhigen Zeit kann keine Rede sein, weil du im Winter ja die Basis für die neue Saison legst. Nach den Paralympics habe ich praktisch keine Pause gemacht, sondern sofort und noch mit dem Renn-Feeling und in Topform meinen brandneuen Carbon-Rollstuhl von Invacare getestet, um im Winter das Materialthema aus dem Kopf zu haben und zu wissen, dass alles passt. Ja, und dann habe ich eigentlich gleich weitertrainiert, weil es mit grad so getaugt hat. 

Hast du Winterreifen am Rolli oder fährst Du in der kalten Jahreszeit ausschließlich auf der Walze?

Nachdem es im Herbst mit Trainingslagern im Ausland doch wieder komplizierter war, habe ich trockenes Wetter daheim so intensiv wie möglich ausgenutzt, dazu viel Krafttraining gemacht. Und natürlich viele, viele Einheiten auf der Walze. Die steht bei mir daheim im Vorraum und ist ein mittlerweile ganz schön betagtes, aber immer noch irgendwie cooles Trumm aus massivem Eisen. 50 Kilo schwer und 80 Zentimeter breit, damit mein Rennrollstuhl mit 60 Zentimetern Spurbreite gut draufpasst.

Cooles Trumm hin oder her, klingt trotzdem so, als ob auch du deutlich lieber draußen unterwegs wärst.

Absolut! Grad in der letzten Zeit kommt in mir immer stärker etwas zurück, womit ich ja eigentlich angefangen habe, und was mir durch die Streichung der längeren Strecken bei Rennrollstuhlrennen ein bisserl vergangen ist: die Vision Marathon! Ich will wieder öfter zurück auf die Straße! Das Feeling ist einzigartig, schon allein diese ganz spezielle Atmosphäre in der Früh, wenn alle dem Start entgegenfiebern. Deshalb bin ich wieder verstärkt auf der Suche nach Laufevents, wo ich etwa im Rahmen von Integrationsläufen starten kann. Demnächst darf ich meinen „alten ´Diesel“ bei einem Halbmarathon in Norditalien durchputzen (lacht)! Und vielleicht ist heuer auch wieder im Rahmen des Salzburg-Marathons was möglich.

Wie schaut Dein Trainingsprogramm für derartige Saisonhöhepunkte konkret aus?

Viermal in der Woche trainiere ich zweimal am Tag und zweimal pro Woche einmal. Die Umfänge sind oft brutal, der größte Teil ist Grundlagenausdauer. Dabei versuche ich, mein Programm konstant, ja fast stoisch durchzuziehen und vertraue darauf, dass mit der Zeit die körperliche Anpassung stattfindet. Es geht ungebrochen darum, das Niveau immer weiter nach oben zu schrauben und mit verhältnismäßig weniger Puls immer noch mehr Leistung auf die Bahn bringen. Und deshalb ist mir die Laktatmessung so wichtig, weil es essenziell ist, zu wissen, wann ich meine Energiespeicher wie weit ausschöpfen darf. Wenn ich schon soviel Zeit ins Training investiere, dann soll es so effektiv wie möglich sein.

Und das Krafttraining?

Dabei geht’s vor allem darum, den Impact beim Antauchen zu erhöhen. 90 bis 120 Mal pro Minute stoße ich meinen Rollstuhl an, und jeder Stoß soll natürlich so effektiv wie möglich sein.

Wo am asphaltierten Teil Salzburgs rund um den heimatlichen Reschberger Hof in Anif schraubst Du bevorzugt an Deinem Niveau?

Mein Hauptrunde ist ca. 14 Kilometer lang und führt von Anif über Niederalm und die Königseeache Richtung Rif, St. Leonhard, Grödig, Hellbrunn und wieder heim nach Anif. Die fahre ich bei längeren Trainings am Vormittag dreimal und am Nachmittag zweimal. Wichtig ist für mich, dass es Runden sind, die mich nicht zu weit von zu Hause wegführen. Habe ich nämlich einen Patschen, dann kann ich den nicht wirklich selber reparieren, sondern bin darauf angewiesen, dass mich jemand schnell abholen kann. Dazu kommen viele Intervalleinheiten im Olympiazentrum Rif, aber auch auf einem ruhigen Radweg entlang der Salzach. Draußen fahre ich möglichst alles auf Asphalt und auch ein Stückerl auf der Bundesstraße – tatsächlich ist das nicht ganz ungefährlich, aber mittlerweile kennen mich die Leut’ sehr gut und in all den Jahren hat es maximal zwei, drei knappere Situationen gegeben. 

Übrigens: Tom zählt in seiner Behinderungsklasse auch zu Österreichs besten Tennisspielern! Ob der Wechsel auf den Court zur Vision für die Paralympics 2028 reift, wird sich zeigen. Bis dahin wird moderat trainiert. Etwa mit Autor Fritz Hutter.

Apropos: Vor Deinem Autounfall als Beifahrer am 4. April 1994 hast Du Fußball gespielt, warst du da eher der Trickser und Zangler oder schon damals ein Kilometerfresser?

Eigentlich war ich der typische Verteidiger. Einer, der sich in seinen Gegenspieler verbissen und ihn, wenn nötig, umgehackt hat – auf diesem Wege möchte ich mich nachträglich bei allen entschuldigen, die ich damals gelegt habe (lacht)! Irgendwann sind sie beim USK Anif aber dann draufgekommen, dass ich brutal gut und weit schießen konnte, und deshalb wurde ich ins Mittelfeld gestellt.

Nachdem klar war, dass Du querschnittgelähmt bist, hast Du drei Jahre nach Wegen zum Weitermachen gesucht und heftige Depressionen übernahmen das Kommando. Zu Silvester 1997 kam plötzlich das Umdenken weg vom gewaltsamen Vergessenwollen – auch mit Alkohol und Drogenexperimenten. Wie haben sich deine Seele aber auch dein Körper danach angefühlt?

Nachdem ich damals in dieser Silvesternacht damit aufgehört habe, mich „abzutöten“, weil ich schlicht nicht in diesem behinderten Körper leben wollte, und mir endlich wieder gestattet habe, mich selber spüren, ist sofort eine unheimliche Energie in mir hochgestiegen und ich habe mich großartig gefühlt. Noch war aber die Vision nicht da, was ich mit dieser Energie anstellen soll, und so habe ich begonnen, viel zu trainieren – Liegestütze und so weiter – durchaus mit dem Hintergedanken, vielleicht doch wieder gehen zu können. 

Wie ist es Dir gelungen, dich eben wieder zu spüren?

Heute nenne ich auch in meinen Vorträgen die drei nötigen Punkte dafür: reflektieren, analysieren, realisieren. Also stehenbleiben, umdrehen und schauen, wovor ich davongelaufen bin, feststellen, dass ich querschnittgelähmt bin und diesen Umstand für mich selber realisieren. Letzteres statt des von vielen ja empfohlenen Akzeptierens, weil das ja auch „gutheißen“ bedeuten würde. Aber ich muss nicht gutheißen, dass ich gelähmt bin! Ich mag es bis heute nicht und möcht’ noch immer lieber gehen können, aber ich kann es bis dato nicht ändern. Durch diesen Prozess des Realisierens ist es mir gelungen, den immer schwerer werdenden „Rucksack“ abzulegen, mich aufzurichten und auf Basis einer neuen und authentischen Wahrhaftigkeit wieder offen für neue Möglichkeiten zu sein. Es ist wie bei einem Navigationssystem: Du kannst Dich erst auf die Reise zu einem Ziel begeben, wenn der Satellit deinen Standort bestimmt hat. Erst, wenn du den kennst, kannst du die Route festlegen. Ansonsten fährst völlig für die Würscht im Kreis herum.

Eine der neuen Möglichkeiten war der Spitzensport.

Ich habe immer auf ein Zeichen gewartet. Und dann ist bei der Olympia-Abfahrt in Nagano der legendäre Sturz vom Hermann Maier passiert. So wie es ihn damals dort reingesteckt hat, hab’ ich geglaubt, der ist hin, aber drei Tage später ist er Olympiasieger im Super-G geworden. Und da hat es mir Tränen rausgedrückt und eine unheimliche Gänsehaut aufgezogen, und plötzlich habe ich gedacht, Scheiße, ich will als Sportler zu Olympia und die Bundeshymne hören! Davor habe ich immer geglaubt, Gott kommt irgendwie aus dem brennenden Busch und sagt mir, das ist Dein neuer Weg und dafür musst du das und das tun. Aber nein, er gibt dir ganz tief ins Herz einen Wunsch hinein, und wenn du dann spürst, dass du genau das tust, was dir diesen Wunsch erfüllt, dann sprudeln die Endorphine, und Geist und Körper gehen eine perfekte Symbiose ein. Wie wenn der Jimi Hendrix Gitarre spielt!  

Oder wenn der Tommy Geierspichler Rennrollstuhl fährt. Bald nach Nagano 1998 bist du eher zufällig in Kontakt mit deinem Sport gekommen. Bei aller Vision & Mission: Wie schwer oder leicht waren die ersten Kilometer?

Komischerweise ist es mir von Anfang an leicht gefallen. Ich wollte sofort meine Grenze kennenlernen und drüber gehen, um die nächste Grenze zu finden und zu überschreiten. Klar war es anstrengend, aber für mich war es ein mentales Spiel, meine Limits durch meinen Glauben immer wieder neu auszuloten. Es war, als wenn jede einzelne Zelle meines Körpers auf diesen Ausbruch gewartet hätte. Damals wie heute erzeugen Visionen und innere Bilder bei mir Emotionen, die mich immer weiterbringen. Es ist wie in den Geschichten vom völlig ausgezehrten Kriegsgefangenen in Sibirien, der durch einen Blick auf ein vergilbtes Foto von Frau und Kind Kraft für einen Gewaltmarsch heim bis nach Österreich schöpfen konnte. 

Welche Intention stand am Anfang: Rollstuhl-Jogging oder doch gleich die Goldmedaille?

Gute Frage! Ganz am Anfang bin ich eine 20-Minuten-Runde gefahren. Irgendwann ist mir bei einem Blick auf meine Uhr aufgefallen, dass ich bei dem einen Bankerl in St. Leonhard genau bei 17 Minuten vorbeigefahren bin, am zweiten Tag wollte ich das in 16 Minuten schaffen. Und so ist das dann spielerisch immer weiter gegangen.

Über die vielen gemeinsamen Jahre im österreichischen Sport ist aus einer reinen Arbeitsbeziehung eine ganz spezielle Freundschaft geworden. Thomas hat mir und auch meiner kleinen Familie so einiges bei- und nähergebracht. Danke, Champ!

Viele Läuferinnen und Läufer suchen grad am Anfang Motivation in gemeinsamen Läufen in der Gruppe. Dürft im Rollstuhlsport schwieriger sein. Ein Problem für Dich?

Ich habe schon immer die meiste Zeit alleine trainiert und es macht mir bis heute gar nichts aus. Ganz im Gegenteil, ich will mich ja mit mir selber beschäftigen und mich körperlich spüren. Ehrlich gesagt verstehe ich die Leute nicht, die zur Motivation fürs Training immer eine Gruppe brauchen. Da muss ich doch meine Motive und Ziele hinterfragen, wenn es mir alleine so schwer fällt! Aber klar macht es auch mir Spaß, mich ab und zu im Training mit anderen zu batteln und nachher auf ein Tratscherl zusammenzusitzen. Trotzdem, wenn du im Sport erfolgreich sein willst, dann musst du sehr, sehr gut mit dir selbst umgehen können.

Nicht alle, die Deine großen Erfolge mitbekommen haben, wissen auch, dass Du Tetraplegiker bist, also auch Deine Rumpfmuskulatur und Deine Arme und Hände beeinträchtig sind. Das ist wohl eine zusätzliche Herausforderung.

Absolut! Aber am stärksten wirkt sich aus, dass ich durch die Lähmungen vom Hals abwärts ein deutlich geringeres Lungenvolumen als ein „normaler“ Querschnittler habe, und dass auch mein vegetatives Nervensystem anders funktioniert. Ich bringe deshalb einen viel niedrigeren Maximalpuls zusammen, 140 ungefähr, was natürlich die Grundausdauer extrem beeinflusst. Und das wurde und wird bei den Klassenzusammenlegungen der letzten Jahre nicht berücksichtigt.

Das heißt, wenn du heute Medaillen gewinnen willst, musst du an Gegnern mit voll funktionstüchtiger Bauch-, Rücken- und Armmuskulatur und einem doppelt so großen Lungenvolumen vorbei?

Genau, 2004 wurde die Klasse der Querschnittgelähmten um Leute erweitert, die an irgendwelchen Krankheiten leiden oder mit Amputationen leben. Manche meiner heutigen Gegner können sogar gehen. Ab und zu werden mittlerweile falsch eingestufte oder eben auch der eine oder andere „Schummler“ wieder wegklassifiziert, zuletzt wurde etwa ein Japaner nach 17 Jahren endlich gestrichen. Eh gut, aber das Problem ist, dass die Bestzeiten und Resultate der „Fake-Fahrer“ stehen bleiben, was sich wieder auf Ranglisten, Quotenplätze und letztlich Förderungen auswirkt.

2016 in Rio waren durch eine Viruserkrankung Deine „Seuchenspiele“. Ein Finale verpasst, den Rest schwer enttäuscht absagen müssen. 2021, in Tokio bist du dann über die 1500 m Vierter geworden und hast das Resultat gefeiert wie eine Medaille. Was bitte war für dich erfolgsverwöhnten Medaillenhamster so cool an Paralympics-Blech?

Ich kann dir nur sagen, dass mich damals irgendeine innere Stimme hat glücklich sein lassen, und ich kann Gott nur dankbar dafür sein, dass ich nicht verbittert war! Ich hab’ das überhaupt nicht hinterfragt, sondern nur gedacht, warum soll ich es nicht rauslassen, wenn ich zufrieden und dankbar bin. Letztlich geht es doch immer nur ums subjektive Empfinden.

Dass die drei vor dir eigentlich nicht in deine Behinderungsklasse gehört hätten, war dir in dem Fall egal?

Das habe ich in dem Moment beiseite geschoben. Jeder hat eindeutig gesehen, dass das keine Tetras sind. Ich bin Saisonbestleistung gefahren und hab’ dabei neuerlich den einen Mexikaner geschlagen. Der ist übrigens auch kein Tetraplegiker, sondern beinamputiert. Der Zielsprint gegen ihn war für mich wie der Kampf um Gold, den ich unbedingt gewinnen wollte. Danach war ich voll aufgedreht und ich konnte nicht anders als mich aus ganzem Herzen freuen. Als Tetra ist an diesem Tag einfach nicht mehr gegangen!

Neben der Klassifizierung ist im Parasport längst auch Doping ein Thema. Zusätzlich zum Medikamentenmissbrauch hört man immer wieder, dass eine praktisch nicht nachweisbare Methode angewandt wird, das sogenannte Boosting nämlich. Was hat es damit auf sich?

Es geht darum, künstlich den Blutdruck zu steigern, um eine höhere Pulsfrequenz erreichen zu können. Ich habe gehört, dass das manche mit gezielt getimtem Urinieren schaffen. Wenn man pinkelt, steigt der systolische Wert (Anm.: Blutdruck bei der Herzkontraktion) und mehr sauerstoffreiches Blut gelangt ins System. Davon kann man allerdings einen wirklich gefährlichen Nierenstau davontragen. Andere wiederum fügen sich an unempfindlichen Körperstellen kleine Verletzungen zu, was den Adrenalinspiegel hochjagt, somit die Energiereserven im Körper mobilisiert und die Leistungsbereitschaft erhöht. Für mich wäre das übrigens nix. Wenn ich mich verletzte, kommt es nämlich zu Spasmen und es „verzieht“ mich komplett. Ich muss im wahrsten Sinne des Wortes locker sein.

Gar nicht locker klingt Dein sportliches Spektrum. Du bist ja von 400 m bis zum Marathon Weltklasse. Nur zur Illustration, bei den Paralympics 2004 in Athen hast Du neben Deinem Sieg über die 1500 m auch Medaillen über 400, 800, 5000 m und eben beim Marathon gemacht. Selbst für kenianische Wunderläufer undenkbar. Wie geht das?

Zunächst muss man sagen, dass Rollstuhlfahren schon etwas ganz anderes als Laufen ist, weil keine Stöße auf Deinen Körper wirken. Aber natürlich macht es einen Unterschied, ob du nur 400 m fährst oder auch die langen Strecken. Aber nachdem ich mit meinem langjährigen Trainer Walter Gfrerer, der mich bis heute berät, von Anfang an immer viel Grundlagenausdauer gemacht habe, bin ich wohl der lebende Beweis, dass diese selbst über kürzere Distanzen einen sehr positiven Effekt haben kann. Insgesamt geht es darum, dass du nicht die Strecke, sondern jene Zeit siehst, die du die Maximalbelastung aushältst. Spannend war es aber jedenfalls, wie ich mich nach der Streichung des Marathons aus dem Paralympics-Programm auf die seit 2004 immer kürzeren und dann immer wieder gewechselten Distanzen „heruntertrainieren“ musste. 

Da hätt’ man als Paralympics-Sieger und -Medaillengewinner und x-facher Welt- und Europameister auch den Hut draufhauen können…

Eh, aber weil ich meinen Sport so liebe und unendlich dankbar dafür bin, habe ich mich entschlossen, die Herausforderungen immer wieder anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Ein bisserl hilft es aber schon, dass ich bereits große Erfolg feiern durfte und auch meine Weltrekorde über den Marathon und die 10.000 m ungebrochen stehen.

Wie lautet Deine Marathon-Bestzeit?

01:40:07 Stunden, aufgestellt bei meinem Paralympics-Sieg in Peking 2008 in einem mörderischen Rennen, in dem wir uns zu fünft vernichtet haben und ich meinen eigenen Weltrekord um mehr als drei Minuten verbessern konnte.

Auch wenn Rollen und Laufen also nicht wirklich vergleichbar sind, schaust du dir eigentlich auch Laufwettbewerbe an?

Sogar sehr gern! Ich kenn zwar kaum die Leut’, aber ich schau’ mir alles an, auch Langlaufen und speziell natürlich die Marathons! Es ist für mich so unvorstellbar, dass man über zwei Stunden lang mit mehr als 20 Stundenkilometer unterwegs sein kann – da zieht’s mir gleich die Ganslhaut auf!

Wie geht es Dir da beim Zuschauen seelisch?

Naja, wenn ich zum Beispiel bei einem Langlauf-Wettkampf zuschaue, dann denk’ ich mir eigentlich nur, wie unfassbar faszinierend und ästhetisch diese Sportart ist. Das sehe ich dann ganz von Sportler zu Sportler. Aber klar beschäftigt mich meine Querschnittslähmung immer wieder. Meisten sind es aber eher pragmatische als wehmütige Gedanken, die sich oft etwa darum drehen, wie ich wohin mit dem Rollstuhl komme.

Du hast einmal gesagt, alles dafür geben zu wollen, um wieder gehen zu können. Jetzt sammelt etwa der Wings for Life-Run am 8. Mai wieder Gelder für Forschungsprojekte zur Heilung von Querschnittlähmung. Wie schätzt Du die Entwicklung in diesem Bereich ein?

Grundsätzlich gebe ich mich gerne dafür her, wenn man weiter die Aufmerksamkeit und Sensibilität für etwas verstärken kann, das rundherum positiv ist und vielen Menschen Hoffnung gibt. Was ich so höre, gibt es durchaus vielversprechende Ansätze und sollte es irgendwann etwas geben, erfahren wir es wohl relativ bald. Eins hingegen weiß ich schon jetzt sicher: Selbst, wenn ich nicht wieder werd’ gehen können, sterbe ich einmal als glücklicher Mensch!

Jetzt bist Du 45 und trainierst für deine siebenten Paralympics, 2024 in Paris. Wirst Du mit 50 dann auch noch Rennrollstuhlfahrer sein oder nur mehr Buchautor („Mit Rückgrat zurück ins Leben“), Vortragender in Sachen Motivation und Vermieter wirklich Gästeappartements in Anif?

Keine Ahnung! Ich hab’ immer gesagt, ich höre auf meine innere Stimme. Und wenn die sich meldet und sagt, so, jetzt ist etwas anderes dran, dann gehe ich diesen Weg. Aber solang sich diese Stimme nicht meldet, dann gibt es keinen Grund aufzuhören. Das mache ich erst, wenn es etwas in meinem Leben geben sollte, das wichtiger und größer ist. Aber eins noch zu Paris 2024. Erst einmal muss ich mich sowieso erst qualifizieren. Und das wird ja bekanntlich schwieriger und schwieriger…

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