Im spanischsprachigen Teil der Welt ist der Padel-Sport längst zur Massenbewegung gereift. Mittlerweile schießen die In- und Outdoor-Courts fürs so variantenreiche „Miniatur-Tennis“ aber auch aus dem österreichischen Boden wie die Schwammerln, und immer mehr Landsleut’ begeben sich zum Schwitzen hinter Glas. Ein Erklärungsversuch von Fritz Hutter.
Robert ist 55, wirkt aber jünger. Privat ganz liebevoller Familienvater, respektiert man den Top-Manager beruflich als smart aber hart. Beim Tennis – lange Zeit Robert’s einziges Hobby – ist er speziell im Wiener Speckgürtel als ehrgeiziger, ja verbissener Sandplatz-Wühler a’la Thomas Muster nachgerade gefürchtet. Von für die Gegnerschaft unerträglicher Leichtigkeit in der Beinarbeit oder gar sprühendem Spielwitz weiß allerdings nur ein noch recht überschaubarer und neuer Sportfreundeskreis um den Linkshänder zu berichten. Jene durchwegs deutlich jüngeren Männer nämlich, mit denen Robert etwa seit Pandemie-Beginn vor zwei Jahren seiner neuen Leidenschaft frönt: dem jetzt auch in Österreich so angesagten Rückschlagspiel Padel.
In die Welt gesetzt wurde der Padel-Sport einst Ende der 1960er-Jahre vom mexikanischen Geschäftsmann Enrique Corcuera. Inspiriert von den aus Platzgründen kürzer gehaltenen Courts fürs sogenannte Platform Tennis auf amerikanischen Kreuzfahrtschiffen, ließ sich Corcuera daheim im Garten ein durch Mauern und Zäune begrenztes Plätzchen bauen, um sich dort mit Freunden heiße Kleinfeldmatches zu liefern – bewaffnet anfangs noch mit hölzernen, eben Paddel ähnlichen, Prackern (spanisch Padél) und ganz fix begleitet von ein paar Margaritas.
Schnell Feuer gefangen hatte ein enger Freund des nunmehrigen Padel-Erfinders, Alfonso von Hohenlohe-Langenburg – ja, der verstorbene Papa des „Skiprinzen“ Hubertus Hohenlohe. Prinz Alfonso hielt damals unter anderem die Mexico-Verkaufslizenzen eines großen deutschen Automobilkonzerns, war bestens vernetztes Mitglied des internationalen Jetsets und jener Mann, der mit seiner mondänen Hotel-Anlage „Marbella Club“ getrost als Begründer des Luxustourismus an der spanischen Costa del Sol bezeichnet werden darf. Und genau mit dorthin nahm er die Idee „Padel“, baute im Marbella Club zum Gaudium seiner illustren Gäste mehrere Plätze und lud internationale Stars aus Society und Sport zu unterhaltsamen Schaukämpfen. Gematcht haben sich zu dieser Zeit unter vielen anderen Celebs wie Spaniens in den Roaring-Sixties abgöttisch angehimmeltes Tennis-Idol Manuel Santana oder auch die in ihrer Heimat semi-religiös verehrten Mitglieder des argentinischen Polo-Nationalteams. Allesamt infizierten sie sich in Marbella mit dem Padel-Virus. Wieder daheim entfachten sie regelrechte Hotspots.
Allein in Spanien spielen heute über fünf Millionen Menschen regelmäßig Padel, in Lateinamerika wiederum stöhnen die nationalen Tennisverbände über eine dramatische Abwanderungswellen zum Padel und ums Jahr 2014 kam Padel dann auch nach Österreich – und das, um zu bleiben.
Deutlich mehr als 10.000 SpielerInnen hetzen hierzulande mittlerweile in allen neun Bundesländern mit maximal 46 Zentimeter langen und um die 300 Gramm schweren Kunststoffschlägern hinter weichen Filzbällen her über die heute publikumsfreundlich durch Glaswände begrenzten und vielfach wetterfesten 20 x 10-m-Courts. Tendenz steigend. Und das wohl eben auch wegen der skizzierten technischen Parameter, welche den „neuen“ Racketsport für die breite Masse verhältnismäßig schneller erlernbar machen, als etwa traditionelles Tennis.
Wobei wir wieder beim Robert sind. Der hat als insgesamt sehr sportlicher, aber technisch eher semi-brillanter Tenniscrack ungelogen üppige Startvorteile in Sachen Auge-Hand-Racket-Koordination und Antizipation der Ballflugkurven. Durch die langsamer anfliegenden Filzkugeln, das kleinere und immer mit einem Doppelpartner geteilte Spielfeld, sowie die deutlich seltener auftretende Gefahr von Schlägen ins Out hat Robert einfach mehr Zeit, plötzlich auch mit raffiniert angeschnittenen Bällen, gefühlvollen Stopps oder auch krachend-präzisen Smashes zu glänzen. Dazu darf das Service beim Padel nur von unten und nach vorherigem Aufspringenlassen des Balles übers 92 Zentimeter hohe Netz ins gegenüberliegende Aufschlagfeld bugsiert werden.

Nicht wirklich ein Nachteil für Robert, und speziell natürlich keiner für Sportlerinnen und Sportler, die völlig bar jeder Racketsporterfahrung den goldenen Padel-Käfig entern wollen, um Einheit für Einheit wachsende Spielfreude zu erleben. Dass Letzteres quasi garantiert ist, liegt nicht nur am speziell anfangs einigermaßen gemütlichen Grundtempo des Balles, sondern etwa auch daran, dass das Racket doch um mehr als 20 Zentimeter kürzer ist, als ein Tennisschläger. Ein Umstand, der die ersten Ballkontakte erheblich erleichtert, weil man die Kugel gefühlt mit der naturgemäß eher vertrauten Hand als mit einem sperrigen Fremdkörper streicheln darf. Außerdem spielt die physikalisch korrekte Ausrichtung der Körperachsen beim Ballkontakt und damit die präzise Richtung der Schläge eine deutlich weniger wichtige Rolle. Der Ball kann nach korrektem Aufspringen in der anderen Courtfläche ja nicht ins Aus gehen. Umgekehrt wiederum darf, ja soll man gegnerische Bälle auch noch nach regelkonformem Boden-Glaswand-Kontakt schlagen, was dem Padel-Spiel eine quasi unerschöpfliche taktische Würze verleiht.
All das ermöglicht selbst völligen Sport-Rookies in kürzester Zeit unterhaltsame Matcherfahrung – gezählt wird beim Padel übrigens wie beim Tennis – und damit Motivation für noch mehr freudvolles Bewegen. Außerdem kann die neue Disziplin Resultate zustande bringen, die selbst einer wie Robert die längste Zeit für unmöglich gehalten hätte. So schlug er erst neulich an der Seite eines zuletzt doch etwas wuchtiger gewordenen Ex-Kickers ein Duo, welches von einem österreichischen Tennisprofi angeführt wurde. SportlerInnen-Herz, was willst du mehr?
Infobox:
Aktuell kann Padel auf über 30 Anlagen in ganz Österreich gespielt werden. Leihschläger und -Bälle gibt es in den allermeisten Fällen genauso vorort, wie Kurs- oder Einzelstundenangebote bei mittlerweile gut ausgebildeten Trainerinnen und Trainern. Außerdem hat sich österreichweit zuletzt eine sehr vitale Turnierszene mit Wettbewerben für AnfängerInnen und Fortgeschrittene etabliert. Einen guten Überblick über Standorte etc. gewinnt man zum Beispiel auf dem Internetportal der Austrian Padel Union via www.padeltennis.at